Wertvolles Ehrenamt - Es kommt von Herzen!
Wovon reden wir, wenn wir Ehrenamt sagen?
„Wie viele ehrenamtlich Engagierte gibt es in Ihrem Bereich?” Bei dieser Frage zu Beginn eines Seminars an hauptamtliche Mitarbeiter:innen und Priester kam unmittelbar die Nachfrage, was denn als ehrenamtlich zu verstehen sei. Was würden Sie persönlich darauf antworten? Für Dr. René Andeßner von der Universität Linz zeigt sich Freiwilligkeit in Geld‐, Sach‐ und Blutspenden einerseits und in Freiwilligenarbeit, d.h. Zeitspende, andererseits. Unabhängig von Dauer und Ausmaß ist alles, was unentgeltlich, freiwillig und zum Wohle Dritter getan wird, ehrenamtliches Engagement. Anders als in Deutschland zählt in Österreich auch sog. non‐formales Engagement, kurz „Nachbarschaftshilfe“, zum Ehrenamt. Der vierte Freiwilligenbericht Österreichs aus dem Jahr 2022 zeigt dabei eine seit Jahren gleichbleibende Entwicklung: formales Ehrenamt, d. h. jenes im Rahmen von Organisationen, Vereinen oder Institutionen geht zurück. Seit 2006 hat diese Form des Ehrenamtes um 2,2 % abgenommen, während im gleichen Zeitraum die „Nachbarschafts‐ und Familienhilfe“ um 9,7 % gestiegen ist. Letzteres liegt mit 36,7 % bereits 10,9 % über dem formalen Ehrenamt. Diese Entwicklung stellt Organisationen vor großen Herausforderungen und bedingt, dass sie zunehmend auf eine gezielte Engagementförderung setzen.
Wohin geht die Reise?
Der Wunsch und die Erfahrung von Gemeinschaft sind und bleiben ein starker Motivationsfaktor. Doch immer weniger ist es das Pflichtgefühl, das jemanden ins Ehrenamt führt. Viel stärker ist der Wunsch, mit dem Engagement etwas Sinnvolles zu tun und dabei etwas zu bewirken. Die Aussage vieler Ehrenamtlicher, dass sie mehr zurückbekommen, als sie geben, passt da gut dazu. Die Freude, das Strahlen oder das Dankeschön jener Personen, für die sie sich engagieren, sind ihr „Lohn”. Neben der zunehmenden Bedeutung der Wirksamkeit rückt auch der persönliche Nutzen, der durch ein Engagement gegeben ist, mehr und mehr in den Vordergrund. Über die letzten 20 Jahre ist der Anteil der Personen, die sich in Österreich engagieren, relativ gleich hoch geblieben. Knapp die Hälfte der Bevölkerung ab 15 Jahren ist freiwillig tätig. In Zahlen sind das rund 3,73 Millionen Personen. Allerdings nehmen sowohl die Intensität, d. h. die Stundenanzahl, als auch die Dauer ab.
Gott liebt die Welt und schenkt jedem Menschen vielfältige Begabungen und Fähigkeiten.
Davon sind wir als Christinnen und Christen überzeugt. Ebenso, dass diese Begabungen dazu da sind, um sie zum Nutzen anderer wirksam werden zu lassen. Ehrenamtliche erzählen häufig, wie sie dabei selbst zu wachsen beginnen, ihre Kraft spüren und Schritt für Schritt entdecken, was alles in ihnen verborgen war. Verantwortliche in Seelsorgeräumen, Pfarren und von Initiativen können diese Personen dabei unterstützen, indem sie offen und ermutigend agieren. Gerade kirchliche Orte bieten eine Fülle an Möglichkeiten, sich sinnvoll zu engagieren. Das Spektrum reicht von kreativen, musischen Engagements über soziale Felder bis hin zu liturgischen oder organisatorischen Tätigkeiten. „Wir orientieren uns am Auftrag der Kirche und an den Fähigkeiten derer, die vor Ort leben, und verabschieden uns davon, vorgegebene Aufgaben zu verteilen.“ So beschreibt das Zukunftsbild der Katholischen Kirche Steiermark den Weg, um Begabungen und Fähigkeiten (d. h. Charismen) zu fördern und das Heilshandeln Gottes durch und im eigenen Engagement erfahrbar werden zu lassen.
Alles hat seine Stunde.
Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit. Das Buch Kohelet im ersten Testament beschreibt damit eine grundlegende Erfahrung, die einzelne, aber auch Gemeinschaften immer wieder über Jahrtausende von Jahren gemacht haben. Dennoch fällt es uns auch heute noch immer schwer, Dinge, die einem liebgeworden sind, abzulegen. Wie viele Projekte und Aktionen starten mit viel Energie aller Beteiligten, haben Erfolg und erweisen sich als sinnvoll und nützlich. Einige Jahrzehnte später aber können sie nur noch mit viel Aufwand aufrechterhalten werden. Die Energie ist weg, der Nutzen, die Sinnhaftigkeit hat sich verflüchtigt. In solch einer Situation ist es gut, sich daran zu erinnern: Alles hat seine Stunde. Es ist Zeit, loszulassen. Es ist Zeit, neuen Ideen, die umgesetzt werden wollen, Raum zu geben. Welche Ideen schlummern in Ihnen?
Mit welchen Begabungen könnten Sie in Ihrem Umfeld für andere etwas Schönes, Sinnvolles, Hilfreiches bewirken?
Jetzt ist dafür die Zeit.